Waffen

Die Sicherung der Macht

Bereits eine Woche nach der Schlacht bei Hastings beherrschten die Normannen die wichtigsten Häfen an der Südostküste Englands und nutzten sie, um Verstärkung aus der Heimat herbeizuholen. Wilhelm rückte auf London vor, konnte die Stadt aber nicht erobern.
 
Als die Bischöfe von Canterbury und York Wilhelm die Krone anboten verstummten die Kämpfe im Südosten.

 
Wilhelm wurde am 25. Dezember in der Westminster-Abbey zum englischen König gekrönt. Viele alteingesessene Adlige wollten Wilhelm aber nicht als ihren neuen König akzeptieren und so dauerte es 5 blutige Jahre, bis die letzten großen Revolten in England niedergeschlagen waren. Dennoch fühlte sich Wilhelm seiner Herrschaft so sicher, dass er bereits drei Monate nach seiner Krönung England verließ und in Ododie Normandie zurückkehrte.
Er ließ zwei Regenten, darunter seinen Halbbruder Odo, Bischof von Bayeux, zurück.
Als ein dänisches Heer im Sommer 1069 unter Führung von Prinz Edgar Aethelred im Nordosten einfiel, kam es zum Aufstand der überwiegend skandinavischen Bevölkerung. Bei York wurden die Normannen empfindlich geschlagen, doch nachdem die Dänen genug Beute gemacht hatten zogen sie wieder ab und überließen die Bevölkerung ihrem Schicksal.
Die Rache Wilhelms war fürchterlich. Er ließ die Länder Northumbria und Mercia verwüsten, die Ernte verbrennen und gab seinen Soldaten den Befehl jeden zu töten, der ihnen vor ihr Schwert kam - ob Mann, Frau oder Kind. Auch Klöster verschonte er nicht. Die Nachwirkungen dieser Raserei dauerten lange an und über ein Jahrzehnt herrschten in diesen Gebieten Pest und Hungersnot.
1070 wagte ‘Hereward der Wache’ aus Lincolnshire zusammen mit dem dänischen König Swyen den letzten großen Aufstand. Doch auch hier machten sich die Dänen nach erfolgtem Beutezug auf und davon. Herewards Armee zog sich in die Sümpfe von Ely, nördlich von Cambridge, zurück und wurde dort fast ein Jahr belagert. Mit den Dänen schloss Wilhelm im Juni 1070 einen Friedensvertrag. Das Lager des aufständischen Herewards wurde hingegen gestürmt. Hereward konnte jedoch fliehen und setzte den Kampf als Geächteter gegen die Normannen fort.
Im Norden drang der schottische König Malcolm III. 1072 über die alten Grenzen auf englisches Territorium ein. Wilhelm schlug die Eindringlinge zurück und schloss den Friedensvertrag von Abernethy. Malcolms ältester Sohn geriet als Unterpfand in normannische Gefangenschaft.
 
 

Kathedrale von Norwich

Die neue Gesellschaftsordnung

Die meisten angelsächsischen Edelleute waren in den beiden großen Schlachten des Jahres 1066 gefallen. An ihre Stelle setzte Wilhelm ihm treu ergebene Edelleute aus der Normandie, Frankreich und Flandern. Auch die Schlüsselstellungen der Kirche waren schnell mit Normannen besetzt. So waren Religion und Rechtsprechung fest in normannischer Hand. Französisch und Latein wurde zur Amtssprache in Justiz und Kirche. Neue Gesetze wurden eingeführt und Jahrhunderte alte Gesetze und Traditionen zerstört. Die französisch - romanische Lebensart der Oberschicht war der Bevölkerung Britanniens vollkommen fremd.

 
Die Bindung zu den skandinavischen Ländern wurde mehr und mehr abgebaut. Stattdessen wurden neue Bindungen zur Normandie und zu Flandern geknüpft. Wilhelm ließ im gesamten Land Kathedralen und Burgen bauen. Die meisten Burgen waren zwar zunächst nur Palisaden- und Erdwallfestungen mit Holztürmen, wurden aber mit der Zeit durch Steinfestungen ersetzt. Zu Ende seiner Regentschaft gab es in England mehr als 80 Burgen. Der 1078 errichtete White Tower in London war Vorbild für Wehranlagen auf der gesamten Insel.
Die Landnahme Englands bedeutete aber auch immensen Kosten für Wilhelm. 1085 waren die Kassen so leer, dass er gezwungen war ein neues Steuersystem aufzubauen. Vorher wusste keiner genau, wie viele Menschen wirklich in England lebten und wie viel sie erwirtschafteten. Also ließ Wilhelm eine Bestandsaufnahme des Landbesitzes und Vermögens, sowohl der Adligen als auch der einfachen Bevölkerung, anfertigen.

Doomsday BookDieses Buch ging als das ‘Domesday Book’, das ‘Buch des Jüngsten Gerichts’, in die Geschichte ein. Seit der Zeit der römischen Kaiser war kein solch gigantisches Unternehmen mehr in Angriff genommen worden. 1087 wurden dir zwei Bände des noch heute existierenden ‘Domesday Books’ veröffentlicht. Das Buch zeigte, dass England 1086 endgültig in normannischer Hand war. Nur noch acht Prozent des Landes befanden sich unter angelsächsischer Lehnsherrschaft und es gab nur noch drei angelsächsische Äbte.
Ungefähr 1,5 Millionen Engländer wurden von 10.000 Normannen regiert.

FeudalsystemDoch die Normannen brachten auch Frieden. Vorher war das Land durch unzählige Unruhen und Fehden, aber auch durch Übergriffe der Wikinger erschüttert worden. Dies war Ende des 11. Jahrhunderts vorbei.
Die Normannen hatten das Land fest in ihrem Griff. Durch die starke Zentralgewalt und die Einsetzung von Shire-Grafen - so genannten Sheriffs - welche die Aufgabe hatten den Adel zu überwachen und zu kontrollieren, kam das Land zur Ruhe.
1086 musste jeder Landbesitzer - also nicht nur die hohen Adligen - im ‘Salisbury Schwur’ den Lehnseid auf den König leisten. Damit waren sie bei Streitigkeiten nicht mehr in erster Linie ihrem jeweiligen Lehnsherren, sondern direkt dem König verpflichtet - was Aufstände der Barone erschwerte.
Bis zu seinem Tod hatte Wilhelm noch mit diversen kleineren Aufständen zu kämpfen. Einer seiner größten Widersacher war sein eigener Sohn Robert. Es ging so weit, dass Wilhelm 1079 von seinem eigenen Sohn bei Gerberoi geschlagen und in der Schlacht verwundet wurde.

Im Juli 1087 ritt Wilhelm auf einem Feldzug in das brennende Mantes-sur-Seine ein. Sein Pferd stolperte und er erlitt schwere Kopfverletzungen, an denen er am 9. September in Rouen starb. Wilhelm wurde in der St. Stephans Abtei in Caen beigesetzt. 1562 wurde sein Grab durch die Hugenotten und 1793 durch Revolutionäre verwüstet. Heute befindet sich dort lediglich eine einfache Steinplatte.
 
 

Die neue Sprache

Noch zu Cadfaels Zeit muss ein unheimliches Durcheinander an Sprachen geherrscht haben, denn die englische Sprache wie wir sie heute kennen gab es noch nicht.
Die Leibeigenen, Bauern und einfachen Stadtbewohner sprachen angelsächsisch. In den nördlichen Landesteilen Englands dürften auch Dänisch gesprochen worden sein. In Shropshire sprachen bzw. verstanden viele wohl auch Walisisch.
Viele Wollhändler dürften wegen ihren engen Beziehungen zu Flandern auch Deutsch bzw. Niederländisch gesprochen oder zumindest verstanden haben ...
Amtssprache war um 1140 allerdings Normannisch (Französisch mit leicht skandinavischem Einfluss). Es dauerte über 200 Jahre, bis aus der angelsächsischen und normannischen Sprache ein einheitliches Englisch wurde. Erst um 1272 unter Eduard I. “Longshanks” wurde die neu entstandene Mischsprache Englisch zur Amtssprache.
 
Bei der Entstehung der neuen Sprache dürfte geholfen haben, dass viele der Eroberer die jüngeren Söhne normannischer Adeliger waren; auf der Suche nach Land, Titel und Ruhm. Da ihnen diese drei Dinge fehlten, waren viele noch nicht verheiratet. In ihrer neuen Heimat gab es nach der Schlacht bei Hastings einen großen Überschuss an unverheirateten angelsächsischen adligen Frauen. So entstanden viele “Misch- ehen”. Bestimmt lernten die aus diesen Ehen hervorgegangen Kinder sowohl die Sprache ihrer Väter, als auch ihrer Mütter. Die Sprache der Väter wurde gebraucht um das Land zu “regieren”, die Sprache ihrer Mütter, um sich mit den Untergebenen zu unterhalten.
 
Heute noch sind die meisten Worte die mit dem Regieren und der Verwaltung zu tun haben französischen Ursprungs (government, reign, court, circuit...), während Worte aus dem Alltag meist angelsächsischen - also deutschen - oder skandinavischen Ursprungs sind (house, land, hand, moon, sun, son, daughter ...).
Die Tiere behielten ihre “deutschen” Namen (cow, sheep, swine - das erst später durch pig abgelöst wurde). Die Menschen die das Fleisch dieser Tiere aßen, gaben ihnen ihre “französischen” Namen (beef, pork ...)
 
 

Wilhelms Söhne

Bevor Wilhelm starb hatte er seinen Besitz an seine Söhne verteilt. Robert - genannt Robert Kurzhose - erhielt die Normandie. Sein jüngerer Bruder Wilhelm Rufus erhielt England. Rufus galt als starker und geradliniger Herrscher. Er führte die Politik seines Vaters fort und sicherte die nördlichen Grenzen Englands. Wilhelm Rufus Verhältnis zur Kirche kann - obwohl er mit dem Bau zahlreicher Kathedralen begann - als äußerst gespannt bezeichnet werden. Zuerst behielt er nach dem Tod Erzbischof Lanfrancs 1089 dessen Einkünfte ein. Dann besetzte er verwaiste Bischofsämter nicht neu, um sich auch deren Einkünfte zu sichern. Dies führte zu vielen Auseinandersetzungen mit Lancfancs populären Nachfolger Anselm.

1091 verpfändete Robert Kurzhose das Herzogtum der Normandie an seinen Bruder Wilhelm Rufus, der damit auch über die Normandie herrschte.
Robert ging von 1096 bis 1100 auf den Kreuzzug ins Heilige Land (siehe Kapitel “Der Erste Kreuzzug”). Rufus starb am 2. August 1100 durch einen Pfeilschuss während einer Jagdgesellschaft im New Forest. Die näheren Umstände seines Todes wurden nie geklärt - und sollten es wohl auch nicht werden ...
 

Henry I

Als Rufus unverheiratet und kinderlos starb ergriff Henry, der dritte Sohn Wilhelm des Eroberers, seine Gelegenheit und ließ sich nur drei Tage nach Rufus Tod zum englischen König krönen. Damit gab er seinem älteren noch auf dem Kreuzzug befindlichen Bruder Robert keine Chance den Thron für sich zu beanspruchen.
Henry war mit Matilda, der Tochter des schottischen Königs verheiratet. Matilda, die auch Edith genannt wurde, war direkt mit der Linie der alten englischen Könige verwandt.

 
Henry schlug seinen Bruder Robert in der Schlacht bei Tinchebrai 1106 und vereinigte so erneut das normannische Reich. Robert nahm er gefangen und sperrte ihn 28 Jahre bis zu dessen Tod in Devizes ein - was selbst für die damalige Zeit eher ungewöhnlich war ...
 
Henry führte die Verwaltungen von England und der Normandie zusammen und ließ sie durch Viscounts und Stellvertreter für sich regieren - wobei er nie die Zügel aus der Hand gab.
Henry galt unter den Chronisten als sehr gebildet. Vielleicht hatten seine Eltern ursprünglich vor, aus ihm einen Bischof zu machen. Er war wahrscheinlich der erste Normannenkönig, der auch Englisch sprach.
 
 

Die letzten Normannenkönige

Das Weisse Schiff1120 ertrank William, der einzige legitime Sohn König Henrys, beim Untergang des “Weißen Schiffes” im englischen Kanal - ein Trauma für die ganze Nation. Besonders, da Henry keinen seiner illegitimen Söhne als Thronfolger in Betracht zog. Also ließ er seine Tochter Maud zur Thronfolgerin erklären. Die Barone wollten sich nicht mit einer weiblichen Thronfolgerin abfinden, hielten aber still. Das änderte sich aber, als Henry 1135 an einer Fischvergiftung starb.

Die Barone erklärten Stephen, den Sohn von Adela, der Tochter Wilhelm des Eroberers zum neuen König. Es kam zu einem fast zwanzig Jahre anhaltenden Bürgerkrieg ...
 

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